„Reinkommen und sich wohlfühlen“

Architektin Nora Fröhlich zeichnet für die Neugestaltung der Hypo Tirol Bank in Wien verantwortlich. Im Interview spricht sie über ihren Zugang zur Architektur, die Herausforderungen des Umbaus und ihr Verhältnis zu Geld.

Interview mit Nora Fröhlich, Architektin

Kurzbiografie Nora Fröhlich

Nora Fröhlich, geboren 1982 in Magdeburg, studierte Architektur an der Westungarischen Universität und der University of Edinburgh, College of Art (Dissertation 2008). Sie arbeitete in international tätigen Architekturbüros (u. a. Neumann und Partner, Paterson Architects, Barnes and Collie), bevor sie 2015 als staatlich befugte und vereidete Ziviltechnikerin das Architekturbüro Atelier Fröhlich in Wien gründete. Nora Fröhlich ist zudem Universitätslektorin an der Technischen Universität Wien.

Gibt es eine Art Leitsatz, ein Credo, das Ihren Zugang zur Architektur widerspiegelt?

Nora Fröhlich: Mein Leitgedanke manifestiert sich in einem Zitat von Jean Nouvel, der sinngemäß sagte: „Jede neue Situation verlangt eine neue Architektur.“ Ich bin überzeugt davon, dass Architekten die Bühne und die Möglichkeiten schaffen. Das große Ganze. Die Bauherren bespielen die Bühne mit ihrer eigenen Ausstattung, nutzen die Möglichkeiten und interpretieren den Raum mit persönlichen Gegenständen.

Die Finanzwelt hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert. Was muss eine moderne Bank leisten und wie kann Architektur das unterstützen?

NF: Wenn wir von einer modernen Bank sprechen, müssen wir zuerst vom modernen Arbeiten reden. Open Desk, Homeoffice und digitale Kommunikation waren schon vor der Pandemie ein Thema. Covid-19 hat die Entwicklung beschleunigt und verstärkt. Das betrifft natürlich auch das Bankwesen. Der klassische Schalter hat (fast) ausgedient. Online-Banking ist längst Alltag. Wir reden von virtuellen Werten, von Kryptowährungen usw. Eine Bank muss heute flexiblere Räumlichkeiten bieten und Zugänge rund um die Uhr ermöglichen. Trotz der Tendenz zum Online-Banking braucht es auch in Zukunft Banken als Kommunikationsorte, an denen der persönliche Kontakt, das persönliche Gespräch stattfindet. Es gilt weiterhin, Vertrauen zwischen Kunden und Bank aufzubauen, Kundenbindung zu schaffen und fachliche Expertise anzubieten. Die Architektur reagiert auf diese Veränderungen und schafft den Rahmen und die räumlichen Möglichkeiten.

Wie sind Sie die Herausforderung, die Hypo Tirol Bank in Wien neu zu denken, angegangen?

NF: Unsere Planungsarbeit beginnt immer mit einer sehr ausführlichen Recherche, vom Planarchiv bis zu den historischen Hintergründen des Gebäudes. Wir schauen uns die Straßenverhältnisse, die Lichtbeziehungen und die Struktur des Bauwerks an. Bei diesem Projekt haben wir auch die Hypo-Tirol-Zentrale in Innsbruck besichtigt, um ein Gefühl für die Firmenphilosophie zu bekommen. Ein wichtiger Teil der Recherche waren intensive Gespräche mit Christian Jäger und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um die Arbeitsabläufe, die Wünsche und Vorstellungen kennenzulernen. Die daraus resultierende Studie war Basis für das Konzept.

Eine Bank muss heute flexiblere Räumlichkeiten bieten und Zugänge rund um die Uhr ermöglichen. Trotz der Tendenz zum Online-Banking braucht es auch in Zukunft Banken als Kommunikationsorte, an denen der persönliche Kontakt, das persönliche Gespräch stattfindet.

Nora Fröhlich

Architektin, Atelier Fröhlich

Portrait von Architektin Nora Fröhlich.

Nora Fröhlich

Architektin, Atelier Fröhlich

Insgesamt dauerten Planung und Realisierung zwei Jahre. Was hat Sie an der Aufgabe von Anfang an am meisten gereizt?

NF: Mich fasziniert an der Planung, dass es gleichzeitig Herausforderung und Chance ist, in verschiedene Gegebenheiten und Anforderungen einzutauchen. Alle Projekte haben unterschiedliche Ansprüche, andere Abläufe, wechselnde Kunden. Unsere Aufgabe ist es, das Projekt in seiner Gesamtheit zu erfassen und die perfekte Architektur dafür zu erschaffen. Bei der Hypo Tirol Bank in Wien waren die Abläufe zentral. Welche Kundinnen und Kunden hat das Institut? Wie viel Offenheit, wie viel Diskretion braucht Private Banking? Welche Räume können wir dafür schaffen?

Zu berücksichtigen war zudem, dass Sie in einem historischen Bauwerk, in einem historisch aufgeladenen Umfeld agierten. Wie stark hat Sie das beeinflusst?

NF: Für mich als Architektin ist Bauen im Bestand eine unglaublich spannende Aufgabe. Das Gebäude selbst war zwar nicht denkmalgeschützt, aber bei einem Gründerzeithaus, das neben einer Habsburgergruft liegt, im 1. Bezirk, in einer städtebaulich anspruchsvollen Struktur mit dem Neuen Markt, ist ein hohes Maß an Sensibilität erforderlich. Speziell im Innenbereich gab es in den letzten Jahrzehnten immer wieder Umbauten, sodass das Altwienerische im Laufe der Zeit verloren ging. Wir haben die Räume bereinigt und die klare historische Struktur in einer übersichtlichen Gliederung zurückgebracht.

Streift man durch die Räume, entsteht der Eindruck, alles ist aufeinander abgestimmt – Farben, Materialien, Ausführung. Nach welchen Kriterien haben Sie gestaltet?

NF: Das Ziel ist: Die Menschen kommen rein und fühlen sich sofort wohl! Alle Sinne sollen angesprochen werden. Im Parterre herrscht eine einladende Atmosphäre – der Barbereich, die Sitzmöglichkeiten, die großen, freien Fenster schaffen Offenheit. Die Materialien, hauptsächlich Holz, Glas und Lodenstoff, sind hochwertig und edel verarbeitet. Wir arbeiten mit einer Reihe hervorragender Partner zusammen, die mit der gleichen Sorgfalt vorgehen wie wir. Das reicht bis in kleine Details. Vieles wirkt unbewusst, aber die Harmonie ist spürbar. Unsere Aufgabe war es, eine zeitgenössische, authentische Bank zu gestalten, die gleichzeitig Transparenz und Offenheit, aber auch Diskretion und Verschwiegenheit bietet. Geschafft wurde das durch ein flexibles Raumkonzept, eine detaillierte Ausführung und die durchdachte Auswahl der Farben und Materialien.

Unsere Aufgabe ist es, das Projekt in seiner Gesamtheit zu erfassen und die perfekte Architektur dafür zu erschaffen

Nora Fröhlich

Architektin, Atelier Fröhlich

Portrait von Architektin Nora Fröhlich.

Nora Fröhlich

Architektin, Atelier Fröhlich

Als Architektin tragen Sie Verantwortung für den Kostenrahmen von Bauprojekten. Wie ist Ihr persönlicher Zugang zu Geld, zu einem Bankinstitut?

NF: Für mich ist eine Bank absolute Vertrauenssache! So wie wir als Architekten die persönliche und finanzielle Situation unserer Bauherren bis ins Detail kennenlernen, so ist es auch bei meinem Bankberater. Als Architektin und als Privatperson plane ich gerne vor. Projektmanagement heißt für mich, die finanzielle, die zeitliche und die gestalterische Ebene im Blick zu haben. Diese drei Welten in Einklang zu bringen, ist uns bei der Hypo Tirol Bank in Wien gut gelungen.

Heißt das, Sie setzen in Finanzdingen auf Sicherheit und vermeiden Spekulation?

NF: Nein, ich bin Unternehmerin, und als solche muss ich auch Risiken eingehen. Nicht alle Kosten lassen sich im Voraus genau definieren – Stichwort Rohstoffpreise und Entwicklungen im Bausektor. Da muss ich immer mit Veränderungen rechnen und Reserven einkalkulieren. Es braucht Erfahrung, Marktkenntnis und ein gutes Zusammenspiel zwischen Vorausplanen und Abschätzen.